Trend Day: Höhenangst im Konferenzraum
Zeit für eine Mutprobe. Elfter Stock, das bodentiefe Fenster ist geöffnet, unten ein Parkplatz, Autos, eine Gartenanlage. Habe ich etwa Höhenangst? „Sie könnten jetzt springen“, sagt Sven Samplatzki, Gründer und Geschäftsführer der nation d GmbH. „Es passiert Ihnen ja nichts.“ Und doch traue ich mich nicht, den Schritt in die Tiefe zu tun. Zu echt wirkt die Welt, in der ich mich befinde, auch wenn es nur eine virtuelle ist.
Trend Day im hit-Technopark. Ein Dutzend Unternehmer lassen sich entführen in eine neue Welt und lernen die Möglichkeiten von Virtual (VR) und Augmented Reality (AR) kennen. Den Mietern aus dem hit-Technopark wird dabei echter Mehrwert geboten. Einige Teilnehmer möchten die virtuelle Welt einfach nur kennenlernen und ausprobieren. Andere wollen ergründen, ob der Einsatz dieser modernen Technologien auch in ihren Unternehmen Sinn machen könnte. Mark Behr, Innovations-Manager des hit-Technopark, hat den Trend Day organisiert. Ab sofort soll es regelmäßig Veranstaltungen wie diese zu relevanten Zukunftsthemen geben und den Mietern deren Relevanz für ihre Geschäftsfelder gezeigt werden.
Das virtuelle Fenster im elften Stock gehört zu dem für 2025 geplanten und hier schon mal für die VR-Brille programmierten Erweiterungs-Neubau des hit-Technopark auf der benachbarten Pferdekoppel. Moderne Arbeitswelten nach neuestem Stand. Das Faszinierende ist, dass man die Gebäude schon heute sehen, begehen und erleben kann, als stünden sie bereits dort. Denn die VR-Brille führt in eine andere Welt. Gesteuert wird das System über zwei Controller. Per Knopfdruck kann der Brillenträger den Standort wechseln, die Sonneneinstrahlung regulieren und sich durch die Stockwerke des Hauptgebäudes „beamen“. Dabei lässt sich das Gehirn der Probanden täuschen, denn in Wahrheit stehen alle nur auf dem Teppich im Seminarraum.
Erstaunlich ist, wie real die Darstellungen sind. Alles nur eine Frage der Programmierung – und des Budgets. Für einen Hamburger Maschinenbauer hat Entwickler Samplatzki die dreidimensionale Darstellung eines rotierenden Schneidwerks programmiert. Jede Schraube wird präzise dargestellt. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Der Betrachter kann sogar mit dem Kopf in die rotierende Trommel eintauchen und sich die Konstruktion „von innen“ anschauen. Wer immer schon mal durch Wände gehen wollte, hier geht es.
Etwas weniger martialisch im Vergleich zur VR-Brille wirkt die AR-Brille – die HoloLens von Microsoft. Bei der Augmented Reality zeigen sich, im Gegensatz zur komplett virtuellen Welt der VR-Brille, dreidimensionale Objekte im realen Umfeld des Betrachters. AR ist eine besonders geeignete Anwendung, um Objekte oder technische Konstruktionen in den Raum zu „zaubern“, in dem man sich befindet. In dem relativ kleinen Sichtfeld der HoloLens, einem vollwertigen Rechner im Brillenformat, erscheint beispielsweise eine Verpackungsanlage in Aktion.
Die Brille reagiert auf Handbewegungen und auf akustische Befehle. Sagt man „Big!“, vergrößert sich die Darstellung des Hologramms. Mit weiteren Befehlen lassen sich Rahmen entfernen, sodass der Betrachter nun in die Konstruktion „einsteigen“ und alles aus der Nähe betrachten kann. Die Möglichkeiten der Anwendung sind vielfältig. Neben Immobilien- und Industrieunternehmen sind auch Psychologen Kunden. Man könne ja, erzählt Samplatzki, Menschen mit Phobien, etwa vor Spinnen, Schlangen oder Mäusen, auf diese Weise helfen.
Am Ende ist es aber doch angenehm, die virtuelle Welt zu verlassen und wieder in die Realität zurückzukehren – ohne Sprung aus dem elften Stock.