Den Strahlen auf der Spur
Wie reagieren E-Bikes auf elektromagnetische Strahlung – und welche Strahlen geben deren Akku und Antrieb selber ab? Die Mieter-Firma Treo findet Antworten auf diese Fragen. Mit einem neuen Prüfstand hilft sie Herstellern dabei, Risiken aufzudecken und gesetzliche Grenzwerte einzuhalten.
Es ist ein Schreckszenario: Das Smartphone in der Hosentasche klingelt – und durch das Störsignal beschleunigt plötzlich der E-Bike-Motor. Das Fahrrad wird immer schneller und es kommt zum Unfall. Eine, zugegeben, fiktive Geschichte, aber eine gar nicht so unrealistische, wie Dr. Hanno Frömming weiß. „Wenn zwei Elektrogeräte, ob gewollt oder ungewollt, miteinander interagieren, kann es immer zu Störungen kommen“, sagt er.
Frömming ist Geschäftsführer des Tempowerk-Mieters Treo, einem Prüflabor für Geräte- und Komponententests. Zu den Dienstleistungen zählen Umweltsimulationen, Materialprüfungen, elektrische Sicherheit – und eben jene elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), die bei der Geschichte mit dem E-Bike-Unfall eine Rolle spielt. Dank innovativer EMV-Tests kann das von der deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierte Umweltsimulationslabor derartige Risiken rechtzeitig erkennen und verhindern. Erst vor kurzem hat das Unternehmen dafür in einen neuen, hochmodernen Prüfstand investiert. „Mit diesem Prüfstand können wir E-Bikes unter Last testen“, erklärt Frömming.
Der neue Prüfstand simuliert eine Fahrradtour im Freien
Ein Motor treibt das Fahrrad an, wie es auch der Fahrer antreiben würde: „Mit sinusförmiger Krafteinbringung“, sagt der Fachmann. Unter diesen Bedingungen werden Akku und Antrieb dann in zwei Richtungen überprüft. Zum einen wird das E-Bike von außen mit elektromagnetischen Signalen bestrahlt, wie sie etwa auch von einem Smartphone ausgehen könnten. Diese Strahlen werden gemessen und die Reaktion der Komponenten beobachtet, überprüft und ausgewertet. Und zum anderen wird die Strahlung, die von E-Bike-Motor und -Akku ausgeht, ebenfalls gemessen und untersucht. Denn natürlich könnte auch das Smartphone auf die elektromagnetischen Signale des Fahrradantriebs reagieren, etwa, indem es ungewollt Anrufe auslöst oder sich ausschaltet.
Das Thema elektromagnetische Strahlung ist höchst sensibel, sagt Hanno Frömming und berichtet von Grenzwerten, die Hersteller einhalten müssen. Nur dann darf ein E-Bike auch mit einer entsprechenden CE-Kennzeichnung verkauft werden. Überschreitet die elektromagnetische Strahlung, die vom E-Bike ausgeht, diesen Grenzwert, muss es der Hersteller vom Markt nehmen. Das Problem: „Eine Pflicht, diese Werte zu messen, gibt es nicht. Man muss sie nur einhalten“, sagt Frömming: „Aber wer sie nicht misst, kann das natürlich nicht garantieren.“
E-Bike-Boom – ein Trend mit Licht und Schatten
Das passt zur aktuellen Marktsituation, wie sie Frömming erlebt. E-Bikes und Pedelecs sind im Trend. Aber der Boom hat auch Nachteile. Wegen der großen Nachfrage und den kurzen Produktentwicklungszyklen bleibt den Entwicklern wenig Zeit, ihre Produkte gründlich zu testen. Dabei sind die elektrisch angetriebenen Velos ungleich höheren Belastungen ausgesetzt als herkömmliche Fahrräder. „Die Belastungen gleichen denen von leichten Motorrädern“, sagt Dr.-Ing. Till Schwermer, Laborleiter bei Treo.
Bereits seit etwa zwei Jahren prüft das Labor E-Bikes und Pedelecs auf Umwelteinflüsse. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrrad-Prüflaboren kommen bei Treo die Probanden nicht nur auf die „Rolle“, sondern sie werden zum Beispiel auf einem Shaker fixiert, vibriert und geschockt oder mit Wasser bearbeitet, um Fehlern und Mängeln auf die Spur zu kommen. Bisher stand die dynamische Komponente für die Fahrradentwickler weniger im Fokus, aber durch die Unterstützung mit den Motoren steigen die Belastungen des Materials extrem an. Die Erkenntnisse im Treo-Prüflabor beweisen: Viele Komponenten zeigen bei derartigen Belastungen deutliche Schwächen!
Mehr Qualität – für Hersteller und Käufer
Mit seinem neuen Prüfstand und den EMV-Tests rundet das Unternehmen sein Angebot für die E-Bike-Branche nun ab und kann deren Produkte ganzheitlich prüfen und verbessern. Denn für Geschäftsführer Hanno Frömming und seinem fahrradbegeisterten Team geht es um mehr Qualität – für den Hersteller und für die E-Bike-Käufer: „Bei unseren Tests steht im Vordergrund, dass gute Produkte entwickelt werden und in den Markt kommen. Und wir wollen unsere Auftraggeber vor Qualitätsmängeln und Reklamationen schützen.“