„Ein Schatz, den man gezielt nutzen sollte“
Im Interview mit den hit-News spricht TUHH-Professor Christian Lüthje über die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft – und warum es den Mietern hilft, dass der hit-Technopark der Uni eine Professur stiftet.
hitNews: Herr Prof. Dr. Lüthje, Sie waren mit hit-Geschäftsführer Christoph Birkel an der Aalto Universität in Helsinki, wo Wirtschaft und Wissenschaft so geschickt miteinander verbunden werden wie selten auf der Welt. Warum ist die Verbindung so wichtig?
Prof. Dr. Christian Lüthje: Forschung ist wichtig, aber irgendwann muss sie in die Anwendung gehen. Die Erkenntnisse und Entwicklungen müssen einen Nutzen generieren – für Unternehmen, für Kunden, für die Gesellschaft. Insofern ist die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft nicht nur wichtig, sondern unverzichtbar.
hitNews: Es hat den Anschein, als würde diese Verbindung gerade für die Wirtschaft immer wichtiger. Woran liegt das?
Lüthje: Die Zeiten, in denen Unternehmen ihre Innovationen allein stemmen können, sind vorbei. Die einzelnen Technologien werden immer komplexer und treffen Bereiche, in denen Unternehmen nicht zu Hause sind: So hatte etwa ein Maschinenbauer vor zehn Jahren eher weniger mit der Digitalisierung zu tun. Innovationen erfordern immer tieferes und breiteres Wissen. Die Firmen haben die benötigten Kompetenzen oft nicht komplett im Haus und auch kaum Zeit, das fehlende Wissen aus anderen Disziplinen intern aufzubauen. Deshalb suchen sie sich Partner, zum Beispiel Universitäten. Viele Unternehmen erkennen, dass da ein Wissensschatz liegt, den man gezielt nutzen sollte.
hitNews: Wie können sie diesen Schatz nutzen, welche Kooperationsformen gibt es?
Lüthje: Die kleinste Form ist eine Kooperation im Bereich der Lehre. Hier arbeiten die Firmen mit Studierenden zusammen, das heißt, sie kommen mit einem konkreten Problem oder einer Frage und lassen die Studierenden nach Lösungen suchen. Sie nutzen eine besondere Ressource: junge, kreative Menschen, die häufig frische und innovative Ansätze liefern, weil sie unbekümmerter an Probleme herangehen. Neben Studierenden können Unternehmen im Bereich der Auftragsforschung auch direkt mit Forschungspersonal zusammenarbeiten, also mit Doktoranden und Professoren. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich über laufende Forschungen zu informieren: Was gibt es an Projekten, an Entwicklung, an Patenten? Was müssen wir nicht selbst entwickeln, weil es schon da ist? Mit anderen Worten: Allein durch die offene Kommunikation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft können Innovationen entstehen.
hitNews: Gezielte Entwicklung auf der einen, Informationen auf der anderen Seite. Was gibt es noch?
Lüthje: Was als Drittes an Bedeutung zunimmt, ist die Kooperation mit Start-up-Projekten, die aus den Universitäten hervorgehen. Es gibt immer mehr Studierende, die eine Idee selbst umsetzen wollen und dafür Start-ups gründen, mit denen die so genannte etablierte Wirtschaft natürlich ebenfalls kooperieren kann. Daher bemühen wir uns schon seit vielen Jahren um die Förderung einer Gründerkultur hier auf dem Campus.
hitNews: Wie profitiert die Wirtschaft von diesen Kooperationen mit der Wissenschaft?
Lüthje: Naheliegend ist immer: Die Hochschule liefert eine technische Lösung für ein technisches Problem. Es muss aber nicht immer die Lösung sein, oft liefern wir auch nur die Idee und das Wissen, um eine Lösung zu entwickeln. Wichtig ist, dass konkreter Nutzen auf beiden Seiten entsteht, ansonsten funktionieren die Kooperationen auf Dauer nicht. Und es braucht Erfolgsbeispiele, damit die Akteure in Hochschulen und Betrieben sehen, dass sich Kooperationen lohnen, dass sie kreativen Schub geben, dass Innovationen entstehen und sie auch Spaß bringen.
hitNews: Damit das gelingt, müssen Wirtschaft und Wissenschaft überhaupt erst mal zusammenfinden. Ist Aalto ein Modell, das die Technische Universität Hamburg (TUHH) und der hit-Technopark adaptieren könnten?
Lüthje: Die TUHH arbeitet bereits seit vielen Jahren intensiv mit der Wirtschaft zusammen. Dennoch geht es immer noch besser. Die Aalto Universität, insbesondere die Aalto Design Factory, macht einige Dinge richtig gut, von denen wir lernen können. Gerade die Zusammenarbeit mit KMUs funktioniert dort ausgezeichnet und deswegen ist das für uns so interessant, weil im hit-Technopark überwiegend kleine, technologieorientierte Unternehmen sitzen. Mit diesen Firmen funktionieren Kooperationen besonders gut, weil sie beweglicher sind als die großen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Projekte umgesetzt werden, ist höher. Zudem haben sie die Hilfe oft nötiger, weil sie keine großen Entwicklungs- und Strategieabteilungen haben und stark im Tagesgeschäft gefangen sind.
hitNews: Wie wollen TUHH und hit-Technopark auf diesem Weg erfolgreich sein?
Lüthje: Ein Anker ist sicher die von Herrn Birkel gestiftete Professur mit dem Arbeitstitel „Collaborative Design“, die hier an der TUHH eingerichtet werden wird. Diese Professur soll dabei helfen zu verstehen, wie die Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft in Zukunft noch stärker miteinander kooperieren können. Wir wollen zunächst erforschen, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit als Innovationsmotor funktionieren kann. Natürlich soll mit Unterstützung dieser Professur auch konkrete Zusammenarbeit vermittelt und gefördert werden.
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